Jürgen Nott, CEO von Infinigon, lebt und arbeitet seit 2005 in New York City und findet im Alltag von „Big Apple“ immer wieder überraschende Parallelen zur Makro-Ökonomie, über die er hier berichtet.
Jobmarkt außer Rand und Band – USA braucht eine Rezession
Ein Beispiel sind zwei Notarbesuche für notarielle Beglaubigungen (in einer UPS-Filiale). Beim ersten Termin führte der „Notar“ ununterbrochen Privatgespräche während er mich abfertigte. Beim zweiten Termin erklärte mir sein Kollege, dass es aktuell keine Notartermine gäbe, kurz bevor der „Notar“ zugekifft einlief und die ganze UPS-Filiale in eine Graswolke hüllte…. Nach mehreren Fehlversuchen habe ich dann noch einen Notar gefunden und wurde dort sogar als Kunde behandelt. Es hat sich herausgestellt, dass es der Eigentümer war – das macht dann doch noch den Unterschied.
Hintergrund: In den USA hat sich der Jobmarkt weiter erholt. Die Jobverluste in der Pandemie wurden fast vollständig aufgeholt und das bei einer Steigerung der Löhne von über 12 % *(„nonsupervisory workers). Die Teilnahme am Arbeitsmarkt bei den 24-54-Jährigen liegt bei 82.5% – vor der Pandemie 83% und das bei circa 10 Mio. Arbeitskräften, die dem Arbeitsmarkt verloren gegangen sind (the big resignation – siehe vorherige Ausgaben).
Des Weiteren drückt die Inflation auf die Stimmung und Motivation der Arbeitnehmer, da sie gefühlt von der Inflation um ihren Lohn betrogen werden. Vor allem die steigenden Spritpreise sind in den USA ein noch viel größeres Problem als z.B. in Deutschland. Dies liegt insbesondere daran, dass es in den USA in den meisten Fällen für die Bürger einfach keine Alternativen zum Auto gibt.
Die Amerikaner tankten im Pandemiejahr 2020 circa 123 Mrd. Gallonen (464 Mrd. Liter) Sprit oder 337 Mio. Gallonen (1273 Mio. Liter) pro Tag**, der Verbrauch 2021 dürfte sogar deutlich höher liegen. Bei einem Anstieg von 3 USD/Gallone belastet das die Haushalte mit fast einer halben Billion USD/Jahr, oder fast 2.5% des U.S. BIP.
Spritpreise: 27. April 2020
Spritpreise: 03. April 2022